15 gefühlte Jahrzehnte ist es her als das letzte Herrenmagazin Album „Das wird alles einmal dir gehören“ veröffentlicht wurde. Seitdem war ich auf drei Konzerten und hab alle Sachen die irgendwie um die Jungs entstanden angehört. Dementsprechend war ich auch aus dem Häuschen, als das nun mehr dritte Album „Das Ergebnis wäre Stille“ endlich released wurde. Dementsprechend hoch waren aber auch meine Erwartungen. Herrenmagazin gilt für mich mittlerweile eigentlich als der neue Indie-Standard in Deutschland. Melodien, Texte, Stimme, all das passte auf den ersten beiden Alben einfach immer – in jedem Lied. Konnte das Album meine Erwartungen erfüllen oder waren sie im Endeffekt einfach viel zu hoch gegriffen? Lest selbst.
Das Album
So einfach ist es nicht zu beschreiben. In der Woche vor dem Release konnte man das Album ja als Sound-Cloud-Stream komplett hören. Irgendwie hab ich mich da verdammt schwer getan. Es war gut durchzuhören, aber mehr auch nicht. Ich hab keine besonderen Melodien oder Textstellen finden können. Ich war ehrlich gesagt – mild enttäuscht. Lag aber eventuell auch daran, dass immer Leute um mich herum waren und ich nicht die Ruhe hatte. Mit dem Release hab ich es dann noch mal in Ruhe und intensiv durchgehört. Nach dem zweiten Durchlauf war ich hin und weg. Die Texte. Die Melodien. Die Weiterentwicklung. Es gibt wenige Bands bei denen das dritte Album noch so! zu überzeugen weiß. Ein Album, auf dem es kein Lied gibt, welches man skippen möchte und man einfach in den Texten versinken kann, ohne sie immer wirklich zu verstehen. Aber gut, das ist bei den werten Herren ja eigntlich immer so. Das Album ist eine Perle deutscher Musikkunst, die eigentlich in keinem Plattenregal fehlen sollte.
Die Lieder
Die Fähigkeit der Band Situationen, Gefühle und kleinste Empfindungen in Textstellen zu fabrizieren die in meinem Kopf sofort Bilder auslösen oder zeichnen und es einfach schaffen mich immer wieder perfekt zu verstehen, das zeichnet dieses (und auch die anderen beiden Alben) besonders aus. Das sind Textstellen wie
Und wir zeigen auf Orte, an denen wir einste war’nund tun dies nur, um den Weg dort hin zu spar’nDein Wort
Ich habe keinen freien Willen, aber trotzdem kann ich leugnendas mir irgendeiner meiner Schritte jetzt noch irgendwas bedeutetSong: Lang nicht mehr da
Theoretisch könnte ich hier alle Lyrics des Albums hinkleistern, aber diese Textstellen sollen reichen als Beispiel großartiger deutscher Liedkunst. Wie kann man soviel in sowenig Text ausdrücken?
Der Sound
Für mich als musikalischen Laien ist es schwer meine Gedanken dazu in Worte zu fassen, aber irgendwie empfinde ich das Album im Gegensatz zu den ersten beiden als runder. Die ersten beiden Alben waren da noch schrubbliger. Das Erste auch mehr als das Zweite. Die Entwicklung die die Band mit jedem Album gemacht hat, zeigt, wie sehr sie immer weiter zusammen gewachsen sind und man hat das Gefühl Herrenmagazin kommen immer mehr da an, wo sie soundtechnisch hinwollen, ohne ihre Anfänge zu vergessen. Jörg hat das sehr gut ausgedrückt:
..bei dieser Entwicklung ist sich die Band aber dennoch treu geblieben und klingt noch immer so als ob man sich das ein oder andere Lied auch auf einem der ersten Alben vorstellen könnte. Herrenmagazin wird das Rad musikalisch nicht neu erfinden und beweist dabei auch immer wieder wie wenig das eigentlich nötig ist, da Musik mit Schlagzeug, Bass und zwei Gitarren einem mit jedem Lied dieser Band wie ein schon sehr vollkommenes Rad vorkommt und auf diesem Weg wohl noch viel Strecke und hoffentlich noch viele Alben zu gehen sind…
Ich als musikalischer Laie lasse das einfach mal so stehen!
Das Fazit
Würde man Musik heiraten können, ich würde eine polygame Beziehung mit den drei Alben eingehen.
Ducking Punches sind eine fünfköpfige Folk-Punk-Band aus Norwich im Osten des UK. In Deutschland sind sie bisher eher ein Geheimtipp, den es sich in jedem Fall lohnt auszuchecken. Mir sind sie erstmals über den Weg gelaufen, als Frontman Dan im Frühjahr 2014 den Opener für Frank Turner gab. Für mich musikalisch love at first sight. Das war kurz vor Erscheinen ihres zweiten Albums “Dance before you sleep”. Nun also der Nachfolger “Fizzy Brain” der in nichts nachsteht. Zieht es euch rein!
Das Album
Das Album wurde über Pledge Music finanziert, eine Crowd Funding Plattform, auf der man die Alben der Künstler vorbestellen kann, bevor sie entstanden sind, um die Finanzierung sicherzustellen. Doch nicht nur die Platte kann vorbestellt werden. Im Fall von Ducking Punches gab es einen Haufen exklusiven Merchs zu sichern, unter anderem Instrumente, die bei den Aufnahmen genutzt wurden. Doch nicht nur das. Mit dem überschüssigen gesammelten Geld unterstützt die Band die sozialen Organisationen CALM und PAPYRUS, die Präventionsarbeit für Selbstmorde bei jungen Menschen und Untersützung für psychisch Kranke leisten. Dies liegt der Band besonders am Herzen, da Sänger Dan selbst betroffen ist und schon zwei Freunde an Depression und Selbstmord verloren hat. In der vor kurzem beendeten Kampagne konnten sie über 500 Pfund zusammentragen. Jetzt aber zur Musik!
Die Songs
Fizzy Brain hat 11 Songs mit einer enormen Spannbreite zu bieten. Von der herzzerreißenden Ballade bis zum punkigen Rocksong. Das Themenspektrukum bewegt sich im Bereich Trauer, Verzweiflung, Depression und Tod, aber stets mit einem Funken Hoffnung und Blick nach vorn. Der erste Track “Greedy Bones” beginnt langsam, nur mit Akustikgitarre und steigert sich zum Full-Band-Track. Besondere Schmankerl sind die Gast-Vocals vom wunderbaren Frank Turner und ein Part von Bassistin Sophie, welche uns später auf dem Album im Track “Taking back the living room” erneut davon überzeugt, wie wunderbar ihre Fähigkeiten zu Hauptvocals sind. Es folgt der Titeltrack, der davon handelt sich irgendwie über Wasser zu halten. Hier zeigt Dan erneut die volle Bandbreite seiner Stimme vom klaren Beginn bis zum rauen Höhepunkt, der wie alle Songs des Albums von Emotion nur so strotzt. Dies zeigt sich auch im anschließenden “Drinking outside funerals”. Der Titel spricht für sich und stellt für mich den besten Song des Albums dar.
“…as I get older and older, death becomes less of a fear,
it’s become too familiar…”
Der Eineinhalbminüter “It’s not over yet friends” stellt eine Durchhalteparole dar, bevor “Fun Fun Fun” leicht positivere Töne anstimmt, ohne den bittersüßen Unterton des Albums vermissen zu lassen. Es folgt “JFH”, ein schwer zu verdauender Song über den Selbstmord eines guten Freundes, der auf Akustikgitarre beruht und von einem Chor der zusammenrückenden Freunde abgeschlossen wird.
“You left the party too early this time, my friend,
please come home, please come home…”
Nach dem punkigeren “God Damn Coward”, das von Ängsten, Soziophobie und dem Hintersichlassen der Vergangenheit handelt, folgen vor und nach dem bereits angesprochenen “Taking back the living room” die ruhigeren Tracks “Heathers” und “House Guest”. Als sehr guter letzter Song bringt “Hurts like Hell” den charakteristischen Sound der Band sehr gut zur Geltung.
Der Sound
Trotz oder gerade wegen der vielfältigen Grenresprengungen fällt kein Song aus dem Gesamtgefüge. Das Album ist insgesamt eine runde Sache. Der Einsatz seines Instruments durch Violinist Sergio verleiht den Songs ein besonderes Etwas. Das teils zurückhaltende, teils nach vorne gehende Spiel des Drummers Pete verleiht sehr gute Variation. Der Wechsel zwischen sehr akustischen Songs und Full-Band-Tracks in denen Gitarrist Cal und Bassistin Sophie vollen Einsatz zeigen macht das Album sehr abwechslungsreich und stimmig.
Fazit
Vom ersten hören an spürt man Emotion und Leidenschaft in jedem Song. Das Album hält viele Überraschungen bereit. Hervorzuheben sind hier der Gesang von Bassistin Sophie im Track “Taking back the living room” und insgesamt die Variation von Dans Stimme. Besonders die härteren, raueren Parts sind im Kontext einzigartig. Musikalisch wie textlich ein exzellenter Einblick in ein “Fizzy Brain”
Egotronic-Mastermind Torsun hat ein Buch geschrieben. Raven wegen Deutschland heißt das gute Stück und handelt von der Produktion des wegweisenden Albums Lustprinzip und dem was davon abgelenkt hat. Am 23. Oktober erscheint auf unser aller Lieblings-Label Audiolith, vier Jahre nach Release, die Hörbuchfassung. Aus diesem Grund haben wir Torsun mal ein bisschen ausgefragt.
Hey Torsun, schön dass du dir etwas Zeit für uns nimmst! Zuallererst, wie geht’s dir? Wie liefen die ersten Konzerte der Tour?
Die ersten beiden Shows der Tour waren super. So darf es den Rest der Reise gerne weitergehen.
Nun also ein Hörbuch!? Wie kam es dazu, vier Jahre nach Release der Printausgabe dieses Medium auf den Markt zu schmeißen?
Bock darauf hatte ich eigentlich von Anfang an, alleine es fehlte an Zeit. Im Sommer 2014 fand ich die endlich und nochmal über ein Jahr später ist es jetzt endlich soweit.
Gibt es irgendwelche Unterschiede zwischen Hörbuch- und Printfassung oder warst du auch nach vier Jahren immer noch zufrieden mit deinem Werk?
Auf dem Hörbuch ist nur mein Teil des Buchs zu hören. Der „Sachbuchteil“ der gedruckten Fassung wurde ausgespart. So funktioniert es mehr wie eine Geschichte, die man schön hören kann.
Vor einem Mikro im Studio kennst du dich ja nach all den Jahren ganz gut aus, aber wie war es diesmal vorzulesen, anstatt Musik für eine Platte zu machen?
Ich war überrascht, wie sehr man sich doch dabei konzentrieren muss. Das ganze hat dadurch länger gedauert, als ich vorher gedacht hätte.
Du hast ja sicherlich schon viel erlebt mit der Band und allem Drum und Dran. Warum hast du dich gerade für diesen kurzen Zeitraum entschieden, als es darum ging ein Buch zu schreiben? Wie kamen die ganzen Exzesse eigentlich zu Papier? Hast du direkt ein paar Sachen aufgeschrieben, so tagebuchmäßig oder warst du von dieser Phase einfach so geflasht, dass du alles noch auf dem Schirm hattest?
Diese Phase ergab einfach eine runde Geschichte mit happy End. Außerdem stand am Ende des Zeitraums ein massiver Bruch in meinem Leben. Ich hatte plötzlich einen Job. Hahaha
Jetzt mal Butter bei die Fische; Hast du mal hier mal da etwas im Sinne der literarischen Freiheit übertrieben oder wart ihr wirklich so krass drauf?
Das ist alles wahr, aber mal im ernst: In dieser Stadt leben 1000de die ähnliche Erfahrungen gemacht haben dürften. Von daher find ich das gar nicht so krass jetzt.
Die Handlung des (Hör-)buchs spielt 2007. Zu dieser Zeit hast du dich ziemlich auf Minimal Techno abgefeiert. Der Sound von Egotronic hat sich über die Jahre stark gewandelt. Dein Feier-Musikgeschmack ebenfalls?
Ja. Mittlerweile gehe ich lieber auf ein schönes Konzert, als ständig von Techno-Club zu Techno-Club zu tingeln.
Im Hörbuch gibst du zu, dass du während dieser Lebensphase ausnahmsweise nicht so viel mit Politik am Hut hattest. Das hat sich schnell wieder geändert. Wer, wenn nicht du kann uns daher helfen bei der Frage: Was machen wir mit den ganzen „Besorgten“, Rassisten und anderen Spinnern, die sich an jeder Ecke versammeln und ihren Mist verzapfen?
Man wird diesen Spinnern über kurz oder lang nur mit massiver Repression, sprich Gewalt, beikommen können. Die Leute müssen Angst vor den Konsequenzen haben, die ihr Handeln mit sich bringt. Wenn man sich die Geschichte anguckt, waren Nazis nie anders als mit Gewalt zu stoppen, sei es nun Nazideutschland oder der NSU.
Kannst du ein bisschen von deiner neuen Kampagne „Plus 1 – Refugees Welcome“ erzählen?
Das ist nicht meine Kampagne, sondern wir sind eine ganze Menge Leute, die das Ding ins Leben gerufen haben. Das Konzept funktioniert so, dass wir viele Clubs in Berlin dafür gewinnen konnten, dass ab jetzt jeder Besucher der auf der Gästeliste steht, mindestens ein Euro abdrücken muss. Wir sammeln das Geld dann ein und verteilen es an Projekte, die Flüchtlinge unterstützen, als da wären derzeit: Moabit Hilft, Flüchtlingsrat Berlin und Sea Watch.
Zum Abschluss noch eine Frage, die sicher viele Fans interessiert. Was passiert in der angekündigten Konzertpause? Lesereise? Neue Platte? Andere Projekte? Und, kann man in Zukunft wieder mit einer so krassen Soundwandlung wie beim letzten Album rechnen?
Ich schreibe an einem Roman und mache derzeit soviel Musik wie schon lange nicht mehr. Es wird also irgendwann ein neues Album geben. Wann das kommt, kann ich aber noch nicht sagen. Es steht lediglich fest, dass 2016 kein großes Egotronic-Jahr wird, zumal es seit 2003 nur ein einziges Jahr gab, in dem ich keine Tour spielte. Es wird deshalb mal wieder Zeit.
Vielen Dank für das Interview! Kannst du uns als letztes noch sagen, was bei dir privat derzeit auf den Plattentellern läuft? Mach’s gut und auf bald!
Zwar nicht auf dem Plattenteller aber die meiner Meinung nach besten Songs der letzten Woche waren „Gute Menschen“ von OK Kid und „Fick-Dich-Allee“ von Grossstadtgeflüster.
Hey Jungs. Cool das ihr euch nochmals bereit erklärt habt uns ein paar Takte zu erzählen.
Foxes ist jetzt zwei Jahre her. Seitdem hat sich viel getan. Einer ist gegangen. Zwei sind gekommen. Ihr konntet in Japan zum konzerten unterwegs sein und vermutlich ist drumherum noch mehr passiert was wir so gar nicht alles mitbekommen haben.
Zu allererst natürlich die Frage: Wie geht es euch? Alle gesund und ausgeschlafen?
Uns geht es derzeit blendend. Unsere erste Tour als dreiköpfige Band hat irre Spaß gemacht und jetzt freuen wir uns auf die nächste Konzert-Rutsche im Oktober. Ausgeschlafen sind wir relativ selten, gerade sitzen wir z.B. gerne lange in unseren Homestudios und frickeln an neuen Songs, da kommt man frühs dann etwas schwerer in die Gänge.
Ashi du schreibst auf eurem Blog, dass du/ihr bei den Aufnahmen zur neuen EP seit langem wieder einfach Spaß am musizieren hattet und die Aufnahmen für Foxes (damals gewollt) doch sehr anstrengend waren. Hattest du nach dem Abschied von Maik kurzzeitig mal das Gefühl evtl aufzuhören? Oder war von Anfang an klar: Es wird schon irgendwie weitergehen?
In der Meldung war vielleicht ein bisschen viel Pathos drin, haha. Die Arbeit am Foxes Album war jetzt nicht der schlimme, zermürbende Studio-Horror, aber da war schon eine Menge Druck im Spiel und viele Erwartungen, die wir uns selber gesteckt haben. Plötzlich stand nicht mehr nur der Spaß im Vordergrund, sondern eben der Song, oder die Kunst, wenn man so möchte. Das kannten wir halt vorher noch nicht. Klar musste ich nach Maiks Entscheidung erst mal überlegen, ob es überhaupt cool ist, wenn man als einziges Überbleibsel eines Duos weiter macht. Aber wir sind relativ schnell gemeinsam drauf gekommen, dass das Projekt Captain Capa jetzt nicht beerdigt werden muss, weil einer nicht mehr am Start sein kann. Marco und Mario ins Boot zu holen, war demzufolge der beste Weg, auch, weil die beiden dick mit Maik befreundet sind und deswegen das Grundgefühl bleibt, dass man Musik mit Freunden macht und mit seinen Kumpels auf Tour fährt.
Mit die wichtigste Nachricht von euch war sicherlich der Abschied von Maik und das hinzustoßen von Marco und Mario. Nachdem ihr Maiks Abschied auf eurem Blog (LINK zum Beitrag) sehr gut beschrieben habt, möchte ich auf die Gründe dafür gar nicht näher eingehen, sondern vielmehr die beiden „Neuen“ bitten sich kurz vorzustellen.
Da die beiden gerade nicht hier sein können, muss ich den Job kurz übernehmen. Mario ist ein langjähriger Freund von mir, der die Band als Merchandise-Boy und mentale Stütze schon seit Jahren begleitet. Wir kommen aus der gleichen Suppe an Kleinstadtbands und Freundeskreisen und haben einen sehr ähnlichen Musikgeschmack. Es lag quasi auf der Hand, ihn fix in die Band zu holen. Mit Marco war es ähnlich, den habe ich 2010 als Gitarristen von Supershirt kennen gelernt – und die waren für uns immer sowas wie große Brüder im Musikbusiness, haha. Wir wollten sowieso schon immer mal was zusammen machen und irgendwie zusammen arbeiten, weshalb er sofort JA! Geschrien hat, als ich ihn angerufen hab.
Hat sich durch das hinzukommen von zwei neuen und dadurch, dass ihr nun einer mehr seid, im musikalischen Entstehungsprozess etwas geändert? Ihr habt ja geschrieben, das sich technisch durchaus was verändert hat? Habt ihr mittlerweile das von mir im letzten Interview so falsche DJ Pult mit aufgenommen oder sind es weiterhin Gitarre, Synthesizer und Midi-Keyboards?
Beim Songwriting hat sich auf jeden Fall einiges geändert. Früher war es so, dass ich hauptsächlich erst mal alleine an einer Songidee geschraubt habt, bis das Grundgerüst stand. Maik ist dann später im Prozess dazu gestoßen und hat seine Parts beigesteuert. Inzwischen ist das ein bisschen breiter gefächert. Wir arbeiten alle separat ständig an eigenen Ideen und gehen dann gemeinsam an die Sachen, die wir alle gut finden. Auf der Bühne gibt es auch ein paar neue Spielzeuge, und weil Mario sich in seinem Cockpit aus Synthies und Controllern um den reibungslosen Ablauf des Livesets kümmert, können Marco und ich vorne ein bisschen mehr Gas geben und ausgelassen performen. Fühlt sich ein bisschen mehr nach Liveband an.
Captain Capa (Leipzig / Bad Frankenhausen) Foto: Martin Ludewig / www.tonipropeller.de
Jetzt also das erste Lebenszeichen in neuer Formation. „Death of a Hydra“. Die hat mich ehrlich gesagt von der ersten Note an total geflashed. Ich bin total begeistert. Hat der Name einen tieferen Sinn? ich hab schon ein wenig gegrübelt, bin aber nicht so recht auf eine Idee gekommen.
Vielen Dank erst mal, das freut uns! Die einfachste Erklärung ist natürlich die, dass einer Hydra zwei Köpfe nachwachsen, wenn man ihr einen abschlägt. Das hat so gut zu unserer Situation gepasst, dass wir daraus irgendwas machen mussten. Erst fanden wir es nur ganz schön lustig, aber desto mehr wir uns mit dem Mythos der Hydra beschäftigt haben, desto spannender und passender wurde der Begriff. „Death of a Hydra“ fanden wir so gut, weil ich finde, dass Songs schreiben, auf Tour gehen und so ein bisschen Seelenstriptease immer auch eine selbstzerstörerische Note hat.
Die Lieder auf der EP sind, wie ihr selbst ja auch sagt, doch sehr divers von den Melodien her. Während „Vipera“ als Single in meinen Augen durchaus etwas emolastiger und der letzte Song der EP „42 Summers“ rockiger daherkommt, ist „Haruka“ als Intro für mich der Brückenschlag in Richtung Foxes. Wollt ihr diese Diversität beibehalten (was ich sehr begrüßen würde) oder wollt ihr doch eher in eine Richtung weiter gehen? Oder habt ihr das noch gar nicht besprochen und wollt einfach weiter Musik machen und schauen was passiert?
Das ist so eine Frage, die wir uns natürlich auch stellen. Grundsätzlich wurde Captain Capa schon immer von so vielen verschiedenen Einflüssen geprägt, dass wir uns nie auf irgendeinen Stil festnageln konnten. Auf unseren Alben haben sich ja Zuckerpop und Screamo-Riffs die Hand gegeben. Das fällt bei drei einzelnen Tracks natürlich noch wesentlich deutlicher auf, besonders wenn durch neue Bandmitglieder noch mal neue Einflüsse ins Songwriting strömen. Aber für den Moment wollten wir genau das einfach genießen und so ein bisschen sagen: „Jetzt erst recht!“ Wir haben uns aus einer handvoll Songbaustellen einfach für unsere drei Lieblingstracks entschieden, da war uns ganz egal, ob die sich irgendwie einen Stil teilen. Ich finde, sie haben trotzdem alle eine unverkennbare Captain Capa Note. Wie sich das jetzt auf unseren zukünftigen Output auswirkt, wird sich zeigen, aber wir bleiben auf jeden Fall offen für alles.
Daran anschließend: So eine EP ist ja meist auch der Vorbote zu einem neuen Album. Könnt ihr da schon was verraten? Konkretere Pläne? Releasedatum? Oder ist alles noch offen?
Gerade haben wir erst mal jede Menge Spaß daran, Songs zu schreiben und uns auszuprobieren, ohne, dass da ein Album-Konzept dahintersteht. Wir haben deswegen noch keine LP geplant, können uns aber durchaus vorstellen, so einen Mammut noch mal anzupacken.
Wie wurden denn, um an die aktuell gerade abgelaufene Tour zur EP anzuknüpfen, die neuen Songs und die neue Konstellation der Band live angenommen?
Soweit ich das beurteilen kann, sehr gut! Die Stimmung auf den Konzerten war fantastisch und die Reaktionen sind durchweg positiv. Natürlich vermissen einige ihren Maik und den putzigen Duo-Faktor, aber wenn die Leute sehen, dass die Chemie bei uns dreien eben auch stimmt und die Konzerte einen Hauch mehr Rock’n’Roll bekommen, sind am Ende alle happy.
Wo wir gerade bei Tour sind, wie kam es denn eigentlich genau dazu, dass ihr in Japan konzerten konntet? War das die Erfüllung des Traumes von euch, einen #1 Hit dort zu landen? Oder habt ihr einfach gedacht Fuck it, let’s do this? Und hat die Stadt, das Konzert dort evtl. auch einen Einfluss auf die musikalische Entwicklung gehabt? So verrückt wie sie mir immer beschrieben wird.
Tokyo war auf jeden Fall eines der krassesten Erlebnisse unserer Bandgeschichte, und auch, wenn wir nur für zwei Nächte total kaputt rüber gejettet sind, hatte das Wochenende einen riesigen Einfluss auf uns als Personen und als Band, einfach weil es so verrückt und inspirierend und augen-öffnend war. Wir waren halt schon immer total vernarrt in japanische Popkultur und wurden dann direkt in den Schmelztiegel geworfen, wo der ganze Kram herkommt. Dass wir dort spielen konnten, war tatsächlich eher ein glücklicher Zufall, der uns in den Schoß gefallen ist und auf den wir zum Glück spontan reagieren konnten.
Zu guter Letzt: Gibt es etwas das ihr unbedingt noch loswerden wollt? Etwas was wir vergessen haben zu Fragen?
Nicht wirklich, aber wir freuen uns natürlich auf jeden, der uns im Oktober auf Tour besucht! Hier noch die Daten:
Dann wünschen wir euch alles Gute auf den Festivals und Konzerten dieses Jahr die ihr noch spielen werdet und freuen uns wie Bolle auf ein hoffentlich baldiges Erscheinen des neuen Albums.
Nach einer (für euch) viel zu langen Sommerpause haben wir es endlich mal wieder geschafft uns vor unsere Tastaturen zu setzten und nicht nur die nächste Party zu planen, sondern für euch das lang versprochene Review zu Kobito und seinen Blaupausen zu schreiben.
Kobitos Karriere beginnt 2005 in Berlin. Seiner Heimatstadt. Hier sieht er auch während einer Schulstunde den Untertitel eines Filmes: Kombination aus Bild und Ton – Fortan sein Künstlername. Musikalisch würde er sich, nach eigener Aussage, dem Zeckenrap zuschreiben. Wobei nicht alle seine Texte stur diesem Genre folgen, da er selbst gerne auch in andere Richtungen seine Ohren ausstreckt. Nach einigen selbst veröffentlichten Platten beziehungsweise Zusammenarbeiten oder Mitarbeiten bei Rapformationen (Schlagzeiln & Eure Elstern) kam dieses Jahr das heiß erwartete Album „Blaupausen“ auf dem Label Audiolith heraus. Die Kombination von Audiolith und Zeckenrap passt in der Theorie auf jeden Fall schon einmal. Dass sie sich auch in der Praxis durchaus zeigen lassen kann, sei im Voraus verraten – Wer es genauer wissen will, ließt einfach weiter.
Das Album
Vor „Blaupausen“ hatte Kobito 2011 bereits „Zu Eklektisch“ heraus gebracht – damals noch auf dem Label Twisted Chords. Mit „Blaupausen“, welches er nun über die Hamburger Indiefreunde von Audiolith veröffentlicht, geht er den auf „Zu Eklektisch“ angedeuteten Weg konsequent fort. Eine gewisse Zeckenrap-Attitüde ist durchaus vorhanden, sollte sie aber auch, wenn der Interpret mit Schlagzeiln eine der ersten Formationen für linkspolitischen Rap mitbegründet hat. Allerdings blitzt diese Attitüde nur sehr sehr leicht durch und es wird eigentlich nie stumpf mit verschiedenen Parolen um sich geworfen, sondern immer richtig gut verpackt – wenn es denn dann mal politisch wird.
Die Lieder
So gibt es bis auf wenige Ausnahmen auch keine Momente in denen ich das Album nicht so richtig feiern kann. Diese Ausnahmen sind kleinere sprachliche Ungereimtheiten und für mich unsaubere Doubletimepassagen. Dies Kleinigkeiten sind mir aber über die gesamte Albumlänge nur drei bzw. vier mal aufgefallen. Thematisch bietet das Album eine angenehme Diversität. Die Themen die in den insgesamt 13 Songs behandelt werden, reichen von Sozialkritik (Niemals arm/Tränen) übers Faulenzen (Sonnenlicht) und Freunde (Wahre Liebe) bis hin zum Liebeslied (Polly Diamanti). Kobito weiß in allen Bereich mit sprachlicher Finesse zu Punkten. Die drei vorhanden Features von Disco Ctrl, Pyro One und Mal Élevé runden das Gesamtpaket weiter ab.
Insbesondere folgende Line ist mir im Gedächtnis geblieben:
Macht aus Tätern Opfer und aus Opfern Täter
komm wir fragen unsre Großväter
Der Sound
Soundtechnisch ist das Album mindestens genauso divers wie die thematischen Schwerpunkte der Texte. Von Doubletimepassagen über Reggaeeinflüsse bis hin zu ruhigen Musikuntermalungen bzw. harten Minimalbeats bietet dieses Album eine Facette an Beats die sich auf keinen Fall vor irgendwem verstecken muss. Hin und wieder sind allerdings, zu mindestens für meinen Geschmack die Cuts ein wenig deplatziert. Dennoch bietet das Album ein rundes Klangbild auf dem sich Kobito sicher zu bewegen weiß.
Fazit
Kobito liefert mit „Blaupausen“ eine super Vorlage für seine Art von Rap. Tiefgründige Sozialkritik aus der Hauptstadt vermischt mit eher salopperen, lebensbejahenden Texten auf einem diversen Klangbild bieten die perfekte Blaupause für weitere Koproduktionen mit den Jungs und Mädels von Audiolith. Außerdem bietet das neue Label auch eine optimale Möglichkeit um an kleineren technischen Fehlern bzw. stärkeren stimmlichen Akzenten zu arbeiten. Aber ich bin mir sicher das Kobito seinen Weg weiter gehen wird. Er auf jeden Fall mit Auiolith zusammen die ersten Schritte in die richtige Richtung unternommen.
Nebenbei bemerkt ist der gute dieses Jahr noch auf Tour. Ab heute gehts dann in Nürnberg los. Am Besten schaut ihr einfach beim Ticketdealer eures Vertrauens.