The last time I commited suicide

Die Leere hatte seit Wochen Besitz von ihm ergriffen. Nur die Hülle, die paar Millimeter Zellstruktur, die seinen Körper vor der Außenwelt schützten, wurden noch bewirtschaftet. Der Rest seines Körpers hatte auf Notstrom zurück gefahren. Freude, Glück, Spannung oder Anstrengung – nichts mehr war ihm geblieben außer der Leere. Nicht einmal Schmerz drang noch durch die Wand aus Gefühlsabfällen die seinen Körper umgab.

Die Gefühle, die er normalerweise gehabt hätte, musste er aussperren. Er konnte sie nicht mehr ertragen. Sie bissen sich in seinen Synapsen fest und markierten jeden Gedanken als ihr Eigentum indem sie ihm ihre ganz eigene Note verpassten. Er konnte nicht einmal gegen sie ankämpfen. Das hatte er beim letzten Mal versucht. Die Narben dieser Schlacht trug er immer noch mit sich herum. Innerlich und äußerlich.

Er konnte also nur weiter machen wie es war. Ausschalten. Abschalten. Weiter machen. Es kommen auch wieder bessere Zeiten. Irgendwie. Hoffte er. Irgendwann. Flehte er. Aber tief unten, so weit unter der Hülle, dass kein Angriff dort jemals hinkommen würde, wusste er das es zu spät war. Er wusste was er würde tun müssen. Reset. Auf Anfang. Die Treppe nicht hinunter gehen. Nein, er musste springen. Selbstmord auf Raten. Eine Weitere war fällig geworden.

Er hob den Kopf. Sah ihr in die Augen und begann zu sprechen.

Weiterlesen

Durch diese Nacht

Die Ringe unter meinen Augen waren mittlerweile größer und runder als Kornkreise auf Farmen im mittleren Westen der USA und die Erinnerung an den letzten gesunden Schlaf hatte ich an irgendeiner der unzähligen Theken dieser gottverlassenen Stadt verloren. Alles was ich in diesem Moment fühlen konnte, waren die Federn meiner durchgelegenen Matratze. Der Rest war Leere. Stille. Static. Weißes Nichts. Die einzigen Gedanken die hin und wieder die alkoholgetränkten Synapsen zucken ließen, waren Bilder vergangener Tage. Vergilb und abgegriffen. Wie als würde ich sie durch eine Milchglasscheibe sehen, flogen sie durch die sonst karge Wüste meiner Erinnerung.

Vor meiner Haustür fuhr der erste Bus mit dröhnendem Motor an und verkündete mit einem tiefen Grummeln den Anbruch eines neuen Tages. Zum Glück waren die Rollläden unten. Verzweiflung machte sich breit. Ich wollte nicht das der neue Tag begann. Er würde nichts Neues bringen. Wie alle anderen vor ihm. Selbst die Sonne, die immer wieder versuchte durch die schmalen Spalten des Rollos in mein, einer Müllhalde gleichendes Zimmer, einzudringen, konnte kein Licht und keine Farben in meine Welt bringen. Meine Welt war kalt und grau. Leblos. In meinem Kopf war Nacht. Kälte. Dunkelheit. Einsamkeit. Zerrissen nur von Fragmenten eines ehemals blühenden Lebens. Vergangenheit. Sie umhüllte mich wie ein Mantel und ließ mich Zittern. Tag für Tag.

Ich hatte schon lange aufgegeben sie zu bekämpfen. Sie kam immer wieder. Egal was ich auch tat. Mühsam stütze ich mich auf meine Ellenbogen. Wollte dieser seit Jahren andauernden Nacht entkommen. Flucht. Aber ich konnte nicht. Ich war nicht nur zu schwach, nein, wohin auch sollte ich fliehen? Es gab keinen Platz, keinen Ort an dem ich gern wäre in diesem Moment. Nur eine Zeit. Vergangenheit. Da war sie wieder. Erschöpft ließ ich mich in meine verschwitze Matratze zurückfallen. Wartete. Hoffte. Hoffte das du, wo auch immer du warst, auf mich wartetest. Wartete darauf, dass meine Nacht vorbei ging. Das die Sonne endlich wieder für uns beide aufgehen würde. Ein letztes Mal – für immer.

Weiterlesen

Es tut mir leid

Langsam und behutsam um ja kein Geräusch zu verursachen tastete er sich auf der alten Kellertreppe voran. In den Händen balancierte er ca. 15 Geschenke. Die ganze letzte Woche war er unter Ausreden wie z.B. länger arbeiten zu müssen, etwas mit den Jungs zu unternehmen oder einfach beim Sport zu sein, in die Stadt gefahren und hatte all die Dinge gekauft von denen er (noch) wusste das sie sich darüber freuen würde. Natürlich war im klar, dass das letzten Endes viel zu übertrieben war, immerhin waren es nur ihr Jahrestag. Aber die letzten Monate hatten ihren Spuren am Fundament der Beziehung hinterlassen.

Immer wieder hatten sie sich in die Haare bekommen. Hatten sich angeschrien, Tage lang nicht miteinander geredet, in getrennten Zimmern geschlafen und Sachen durch die Gegend geworfen. Allerdings hatten sie sich auch immer wieder zusammengerafft und die letzten Wochen waren wie der Beginn einer neuen Beziehung gewesen. Sie hatten wieder zusammen rumgealbert, waren im Kino, im Zoo, Eis essen und haben auf ausgedehnten Spaziergängen viel über ihre gemeinsame Zukunft gesprochen.

Das Licht im Haus war bereits ausgewesen als er die Kellertür aufgeschlossen hatte. Da sie heute nicht mehr mit ihm gerecht haben konnte, er war ihrer Meinung nach auf Geschäftsreise am anderen Ende des Landes, lag sie wohl schon im Bett. Gerade deshalb war er so spät gekommen, damit er in aller Ruhe die Geschenke im Wohnzimmer aufbauen konnte. Liebevoll machte er sich an die Arbeit. Die größeren nach hinten, die kleinen nach vorne. Er baute die Geschenke wie ein Amphitheater auf, in dessen Mitte ein riesen großes Plüschherz lag, bedeckte alles mit Rosenblättern und beschloss spontan die Überraschung vor zu ziehen.

Eigentlich hatte er vorgehabt auf dem Sofa zu schlafen und sie am nächsten Morgen komplett zu Überraschen, aber da er die Vorfreude über ihre Freude nicht mehr aushalten konnte, holte er noch schnell einige Kerzen aus dem Schrank und stellte sie ebenfalls in das Amphitheater. Danach ging er in Richtung Schlafzimmer. Ohne Licht an zu machen, ging er auf Zehenspitzen, um sie nicht zu wecken, durch den ihm seit nun mehr drei Jahren wohl vertrauten, stockdunkelen Raum zu Ihrem Nachttisch.

Als er das Licht anmachte, hatte sie ihm wie so oft in ihrer Beziehung die Worte vorweg genommen. Auf ihrem Kissen lag nicht ihr Kopf sondern nur eine Brief mit den Worten: Es tut mir leid!

Weiterlesen