Hamsterräder

Ich sehe sie nicht, ich laufe gegen Wände, die ich mir durch das Streben nach schnellem Fortkommen selbst erschaffe. Sie spornen mich dazu an schneller zu werden, sie zwingen mich dazu, und wenn ich irgendwann meinem eigenen Tempo nicht mehr gerecht werde, dann spucken sie mich aus.

Ich breche die Brücken ab die hinter mir liegen, in der Hoffnung das mir die Geister die ich rief nicht mehr folgen könnten. Ein Irrglaube, wo sie doch wissen wo ich sein werde noch bevor ich meine Schritte gesetzt habe. Wem der Schalk im Nacken sitzt der hat sein Päckchen zu tragen und es trägt schwerer als man vermuten könnte, wo der unbeschwerte Humor doch Leichtigkeit verspricht.

Die Landschaft um mich herum verändert sich, doch die Perspektive bleibt stets dieselbe. Ich blicke zum Horizont der mir die Freiheit verspricht, die ich doch auf meiner Flucht längst genieße.  Aber Stillstand ist Rückschritt, weshalb ich stets in Bewegung bleibe und mich auf meinem Lauf, bei dem mich weder Ochs noch Esel aufhalten können, versuche an den Sternen zu orientieren um bloß nicht von meinem Kurs abzukommen. Doch wie uns schon Christoph Columbus lehrte liegen die größten Entdeckungen oft in völliger Orientierungslosigkeit und die sichersten Pläne kollidieren mit Eisbergen und sinken.

Folgerichtig beschließe ich am Tag weiterzuwandern und mich nach jeder Pause fünfmal um die eigene Achse zu drehen.

Torkelnd und mit einem latenten Brechreiz kämpfend betrete ich ein Dorf, welches am Rand des Meeres liegt und daher einen Wendepunkt meiner Reise markiert, was in diesem Sinne nicht im übertragenen Sinne zu verstehen ist. Ich musste umdrehen. Natürlich dachte ich daran hier länger zu verweilen, allerdings sollte sich die Konversation als ausgesprochen schwierig herausstellen, da mir meine rudimentären Sprachkenntnisse keine Türen zu öffnen vermochten.

War das Suchen nach den richtigen Dingen der falsche Ansatz gewesen, war das ziellos umherwandern noch nicht konsequent genug gewesen, muss man nicht vielleicht nach den falschen Dingen suchen um die richtigen Dinge zu finden. Aber ist es mir noch möglich die richtigen Dinge als die Richtigen zu erkennen, wenn ich doch nicht erwarte sie zu finden? Sieht Südamerika dann nicht auf einmal so aus wie Indien? Oder halte ich am Ende vielleicht sogar Indien für einen Eisberg und weiche ihm aus?

Renne ich am Ende so oft am Glück vorbei weil ich dachte ich müsste davor weglaufen um es zu finden, dass ich es am Ende wirklich schaffe wegzulaufen?

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Warst du schon lang nicht mehr da

Noch bevor der Schuss ertönte, war ich bereits mit dem Klicken des Abzuges los gelaufen. Es ging schließlich um den Lauf meines Lebens. In Kilometern war er nicht zu messen. Manche würden ihn in Jahren messen. Andere in Weggefährten. Ich maß ihn in Zeit. Die Zeit die ich mit dir verbringen würde. Die wichtigste Zeit meines Lebens. Für den Rest meines Lebens. Am Anfang, noch vor dem Startschuss, hatte ich deine Hand fest in meiner. Zusammengehalten durch den Uhu und das Gaffatape unserer Gefühle standen wir beide am Anfang und warteten auf das Zeichen loslaufen zu können. Als der Schuss dann endlich ertönte, war ich schon 10 Schritte voraus.

In meiner Hand hielt ich bereits zu diesem Zeitpunkt nur noch die Reste des Tapes und einige getrocknete Brocken Kleber, die mir das Gefühl gaben dich immer noch fest umschlossen neben mir zu haben. Vergewissert hatte ich mich nie. Ich konnte nicht zurück blicken. Ich musste vorwärts. Ich hatte ein Ziel. Wir hatten ein Ziel. Das Leben zusammen. Der kleinste gemeinsame Nenner den man sich vorstellen kann und doch gleichzeitig die größte Unbekannte in unserer Gleichung, die ich stümperhaft versuchte mit Hilfe von Grundschulmathematik und dem kleinen 1mal1 zu lösen.

Ich rannte wie ein Besessener immer weiter. Mein Blick so fest auf den Boden vor mir gerichtet um nicht zu stolpern, um diesmal alles richtig zu machen, das ich nicht bemerkte, wie ich immer weiter in die falsche Richtung lief. Irgendwann unterwegs merkte ich wie sich langsam aber sicher die Überreste unserer Versprechen an meiner Hand lösten. Ich lief trotzdem immer weiter. Getragen von der Hoffnung, das ich mir den Verlust nur einbildete, redete ich mir Geschichten ein die auf abstruse Art und Weise mein Handeln rechtfertigten ohne dich und deine Handlungen auch nur ansatzweise in Betracht zu ziehen.

Als dann der letzten Riss Gaffatape in mein Gesicht klatschte, wurde auch mir bewusst was ich so lange probiert hatte zu leugnen. Ich traute mich aber immer noch nicht zurück zu blicken. Mein Schritte wurden langsamer und gleichzeitig die Hoffnung größer das du ja nur ein paar Schritte hinter mir warst und gleich wieder meine Hand halten würdest. Aber je mehr Zeit verging, umso unsicherer wurde ich, bis ich irgendwann verzweifelt stehen blieb und mich umdrehte. Alles was ich von dir zu diesem Zeitpunkt noch sehen konnte, war ein kleiner Punkt am Horizont der sich scheinbar nicht bewegte und auf mich wartete. Ich atmete tief durch und begann den Weg zurück zulaufen. Erst langsam. Dann immer schneller. Irgendwann war ich wieder so auf den Weg und weniger auf den Punkt am Horizont fixiert, das ich nicht bemerkte das er nicht größer wurde. Als ich dann endlich dort ankam, wo ich dich zuletzt am Horizont gesehen hatte, 10 Schritte vom Anfang entfernt, warst du schon lange nicht mehr da.

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