Von Steinen und Hölzern

Obwohl ich mich auf dich konzentrieren wollte, schweiften meine Gedanken immer und immer wieder ab. Ich erfreute mich an dem wunderbaren, perfekt geschnittenen, du würdest ihn vermutlich einen englischen nennen, Rasen und war gleichzeitig davon fasziniert, dass man Muster in einen Rasen mähen konnte. Ich mein Fußballfelder sehen von oben schon cool aus. Wie ein Schachbrett… Ein Niesreiz brachte mich zurück zu uns auf den Rasen, zwischen die ganzen Steine und das viele Holz um uns herum. Das Holz schien dich verschluckt zu haben. Vor wenigen Minuten noch hatte ich dich direkt vor mir gesehen und jetzt warst du scheinbar hinter der Eiche nur ein paar Meter vor mir verschwunden und nicht mehr in meinem Blickfeld.

Die Geräusche der Umgebung wurden wieder leiser und mein Kopf begann von neuem damit abzuschweifen… Wieso eigentlich hatten wir noch nie miteinander Fußball gespielt? Ich mein wir “kennen” uns jetzt praktisch mein ganzes Leben und soweit ich mich erinnere haben wir nie auch nur eine Runde zusammen auf dem Bolzplatz verbracht. Das war inakzeptabel. Ich fügte meiner inneren TODO Liste einen weiteren Punkt hinzu und setzte das Fälligkeitsdatum auf spätestens in 100 Jahren. Schon wieder ein Niesreiz. Dieser gepaart mit dem Gedanken an eine 100 ließen mich zurück in das hier und jetzt kommen. Ich dachte, dass du es dir endlich mal gemütlich gemacht hättest und hinter der Eiche auftauchen würdest. Aber du warst immer noch verschwunden. Wie langsam sich manche Leute bewegen konnten war mir schleierhaft, aber du warst ja auch stadtbekannt für deine unmenschliche Faulheit. Alles koordiniertest du, nichts wurde selbst gemacht.

Selbst jetzt, wo dich scheinbar keiner in meiner Umgebung hören oder sehen konnte, koordiniertest du sie alle. Alle taten was du von ihnen verlangtest. Früher hast du auch immer probiert zu koordinieren. Wobei kommandieren das wohl bessere Adjektiv wäre, zumindest laut Mama. Wenn sie von dir redet. Jedoch hat das Kommandieren damals von einem Tag auf den anderen aufgehört. Seitdem habe ich, trotz der Streits und der Ungerechtigkeit davor, darauf gewartet, dass du nach dem die Tür hinter dir zuschlug irgendwann wieder kommen würdest. Aber das Einzige was mir blieb war das Holz der Tür. Stundenlang habe ich davor gesessen, die Maserungen gezählt und probiert nachzuzeichnen. Ich konnte sie mir immer wieder ansehen. Täglich. Das plötzliche Verschwinden der Eiche im Erdboden vor mir brachte mich zurück in die Realität. Dem Holz der Tür würde nun bald ein Stein folgen.

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