Von vorn

Das Gewissen zerrissen
Und trotzdem nicht wissen
Wohin es ihn zieht 
Seinem Kopf gehts beschissen 

Seine Träume geklaut 
Alle Ängste durchschaut
Sie in Whiskey getränkt 
Und in Cola verstaut

So wankelt er hin
Und stolpert er her
Woher er einst kam
Weiß er längst nicht mehr 

Narkotisiert 
Und vom Leben verwirrt
In den Himmel gestarrt
Auf der Erde verirrt 

So schaut er hinauf
Und verliert dort den Blick 
Was um ihn geschiet 
Kriegt er nicht mehr mit

Am morgen erwacht
Die Sonne im Zimmer 
Hat er nun verdrängt
Das Gestern, das Immer 

Als hätte er Nachts
Das Handtuch genommen
Den Sand abgeschüttelt
Und nach all seiner Verwirrung, den Extremen, den Themen, dem Regen und vielen Problemen

– von vorne begonnen-

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Ein Verwüster

Abgestumpft und ausgebrannt
Dem Seelenklempner auch bekannt
Als Junge der einst vor ihm stand
-Apathisch-

Klug geboren, immer fleißig
Ackern, schuften, bis Mitte Dreißig
Das Konto reich, die Seele geizig
-Fanatisch-

Weißes Pulver, grüner Schein
Rollen, streuen, ziehen, rein
Am Schmerz vorbei, ins Herz hinein
-Dramatisch-

Kontrollverlust und vollgepumpt
Zu viele mal, zu ungesund
Nun aufgewacht im Untergrund
-Düster-

Die Schlinge um den Hals gezogen
Alle Hoffnung nun verflogen
Für Ruhm und Protz das Ich belogen
-Jetzt büßt er-

Sein Gewissen wird zum Richter
Das Urteil zieht die Schlinge dichter
Doch kurz vor Urteilsspruch beschließt er:
-Trotzen werd ich dem Verwüster-

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Wir melden uns erst wenn wir etwas sind im Leben

Das Licht war schummrig. Ich stand im halbdunklen Licht der verrosteten und zum Teil ausgefallenen Straßenlaternen, unweit der alten Schnellstraße, einige Kilometer außerhalb unseres Dorfes. Nur selten wurde die Umgebung für wenige Sekunden erleuchtet. Immer dann, wenn ein Autofahrer die falsche Abzweigung genommen hatte und jetzt nicht die neue Autobahn, sondern die alte, in die Jahre gekommene Schnellstraße mit ihren ewig vielen Schlaglöchern, befahren musste. In diesen Sekunden konnte man erahnen warum wir früher oft hier gewesen waren. Schemenhaft sah man die Jahrzehnte alten Obstbäume, die sich über die Wiesen säumten und erst kurz vor dem alten Baggersee an einem Sandstrand endeten.

Wie viele Sommer hatten wir hier jedes Wochenende verbracht? Sind zusammen in den alten, klapprigen Fiat gestiegen – mit jeder Menge schlechtem Dosenbier, löchrigen Zelten und Ravioli – um für zwei Tage die Welt anzuhalten und uns selbst zu feiern. Wir waren gerade volljährig geworden und dachten, die Welt stünde uns offen. Nur uns. Nur wir. Zusammen. Für immer. Was sollten Studium, Arbeit und Familienplanung schon unserer Freundschaft entgegensetzen können? Wir stießen an – auf Eroberungen, die letzte Party oder das vorherige Bier. Genossen es einfach nur da zu sein. Im Hier. Im Jetzt. Schoben die Planung für das danach einfach immer weiter vor uns her.

Aber irgendwann war auch das Abi geschrieben und die Ferien neigten sich dem Ende. Unsere Studienpläne ließen uns schon bald in alle Himmelsrichtungen und die hintersten Winkel des Landes ziehen, um dort Dinge zu studieren deren Existenz den anderen nicht einmal bewusst war. Wir verabredeten uns ein letztes Mal im Spätsommer an dem von uns geliebten Strand. Mit Dosenbier, löchrigen Zelten und Ravioli. Wollten noch einmal die Zeit anhalten und zurückspulen. Die Clique feiern. Unsere Witze, Visionen und Erinnerungen konservieren. Die Zukunft vergessen. Die Angst verdrängen. Ein letztes Mal Leben – vor dem Leben.

Wir versprachen uns Anrufe, Nachrichten, Besuche, sogar Briefe und halfen uns gegenseitig beim Umzug. Am Anfang noch alle, bis dann der Letzte alleine mit seiner Familie den kleinen Laster packen musste und ohne Abschiedsaufgebot unser Dorf, unsere Heimat, unser Zuhause verließ. Unsere Versprechen, so gut und ehrenhaft sie gewesen sein mögen, so offensichtlich waren sie von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Der Kopf verdrängt halt, was er nicht jeden Tag sieht. Ob wir das wollen oder nicht. Aus besten Freunden wurden Freunde und aus Freunden wurden Bekannte. Man sah sich auf die vom Don und Daniel proklamierten obligatorischen „Vier Getränke im Jahr“ und versprach sich die gleichen hohlen Phrasen – bis man gar nicht mehr kam oder versprach.

Jetzt, Jahre später, frage mich was aus uns geworden ist. Wann haben wir damit angefangen Erfolg über Freundschaft zu stellen und unser Zuhause über die Heimat. Während ich an dem alten Strand stehe, zum X-ten Jahrestag unseres Abschieds, genau an dem Punkt der den Anfang vom Ende markiert, muss ich erkennen dass die Schuld keinen Einzigen von uns alleine trifft. Das Leben verschiebt Prioritäten und lässt die Dinge die man nicht täglich sieht schnell in Vergessenheit geraten. Lässt uns nur erst dann wieder zu Wort kommen, wenn wir etwas geschafft haben. Nur dann ist es oft zu spät. So wie jetzt. An unserem alten Strand. Hier, im schummrigen Licht ist zwar alles wie immer. Wie früher. Konserviert. Archiviert. Nur leider auch verstaubt und vergessen.

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Everybody hates a Tourist

Du kanntest die Stadt nicht. Sie lag irgendwo im nirgendwo dieser Republik. Sie war klein, beschaulich und manchmal hat man das Gefühl, die Zeit wäre dort stehen geblieben. Zum Beispiel wenn die Bäcker um 11 Uhr Sonntags das letzte Brötchen verkaufen oder der Tante Emma Laden an der Ecke Samstags um 18 Uhr die Türen schließt. Die Stadt, sie war für dich nie mehr als Durchschnitt. Die Menschen hier, sie waren nie mehr als Durchschnitt für dich. Aber dennoch trieb es dich hierher. Ob als Notnagel oder einzige realistische Option hast du nie gesagt. Nur das du weg wolltest. Eigentlich immer. Hast dann immer mit großen Namen von noch größeren Städten um dich geworfen. Von den Möglichkeiten, den Meltingpoints, den Konzerten und den ach so tollen Menschen dort. Spätestens im nächsten Semester wolltest du dorthin. Am liebsten aber schon morgen. Du warst wie ein Chicago von Clueso für Arme.

Wir hatten uns früh kennen gelernt. Du warst im dritten Semester, ich im ersten. Es war eine dieser Unipartys die maximal zweimal im Monat stattfanden. Schlechte Musik gepunscht mit warmem Bier. Du warst nur da, weil die Stadt ja nichts besseres zu bieten hatte. Ich mochte deine Einstellung. Denn am Anfang teilten wir die Abneigung gegen diese an einem Berghang gelegene Stadt, deren Namen nicht mal unsere Eltern kannten. Aber während ich mich arrangierte, mit der Stadt, dem Tante Emma Laden und auch dem Bäcker, warst du die, die sich immer weiter echauffierte. Du fandest alle Kommilitonen komisch. Kleingeistig und engstirnig. Zukunftsscheu und sowieso langweilig. Wer hier freiwillig herkommt, der konnte nicht interessant sein. Die interessanten Leute, die wohnten in den noch größeren Städten mit den großen Namen. Aber doch nicht hier.

Irgendwann im dritten Semester hatte ich mich mit der Stadt arrangiert. Ich liebte den Bäcker der zwar schon um 11 am Sonntag den Verkauf einstellte, dafür aber die leckerste Schwarzwälder Kirschtorte der Welt backen konnte und mir notfalls verkatert auch noch um zwölf heimlich zwei Brötchen verkaufte. Ich fand neue Freunde, eine neue Liebe und eine super Wohngemeinschaft. Während ich mein Leben in vollen Zügen genoss, warst du immer noch dabei zu lamentieren. Mittlerweile im fünften Semester, lebtest du weiterhin auf gepackten Koffern und von den Bildern aus dem Fernsehen, von den noch größeren Städten mit den großen Namen, in deiner Ein-Zimmer-Wohnung irgendwo am Stadtrand. Du brauchtest ja nicht mehr, da du eh nächstes Semester gehen würdest.

Man sah dich immer seltener in der Stadt. Wie auch. Keiner der Menschen die du hier kennen gelernt hattest wollte noch groß was mit dir zu tun haben. Das ewige Lamentieren und indirekte Beleidigen wurde jedem den du kennen lerntest irgendwann zu viel. Alle hatten am Anfang Verständnis dafür, dass einem eine Stadt nicht gefällt. Nur sollte man dann auch alles daran setzten wo anders hin zu kommen. Aber so warst du nicht. Du hast gehasst und beleidigt, aber selbst nie was dafür getan, dass sich die Situation ändern könnte. Wie ein Tourist der sich in seiner All-Inklusiv Burg einschließt, das Land außerhalb der Zäune seiner Hotelanlage hasst, aber trotzdem jedes Jahr wiederkommt.

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Farewell Kevin!

Hobbys sind die Dinge die wir Menschen uns leisten wenn wir zuviel Freizeit haben. Wenn wir uns von unserem Alltag entfernen um auf andere Gedanken zu kommen. Wir treiben Sport oder gucken ihn wenn wir faul sind. Wir treffen uns mit Freunden, lesen Bücher, zocken, gucken Filme oder Serien oder wir schreiben Geschichten. Wann immer wir können, widmen wir uns unseren Hobbys, außer uns kommt unser Leben in die Quere! Denn, sein wir ehrlich, es kommt sowieso immer anders als wir denken! Manchmal kommt auch so viel, dass wir unsere Hobbys dann erst einmal hinten anstellen und uns auf die wichtigen Dinge konzentrieren müssen. Aber Hobbys bleiben immer Hobbys und irgendwann können wir sie wieder ausleben. Tage und Nächte lang.

In diesem Sinne! Mach’s gut Kevin – wir sehen uns bald wieder! 😉

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Hamsterräder

Ich sehe sie nicht, ich laufe gegen Wände, die ich mir durch das Streben nach schnellem Fortkommen selbst erschaffe. Sie spornen mich dazu an schneller zu werden, sie zwingen mich dazu, und wenn ich irgendwann meinem eigenen Tempo nicht mehr gerecht werde, dann spucken sie mich aus.

Ich breche die Brücken ab die hinter mir liegen, in der Hoffnung das mir die Geister die ich rief nicht mehr folgen könnten. Ein Irrglaube, wo sie doch wissen wo ich sein werde noch bevor ich meine Schritte gesetzt habe. Wem der Schalk im Nacken sitzt der hat sein Päckchen zu tragen und es trägt schwerer als man vermuten könnte, wo der unbeschwerte Humor doch Leichtigkeit verspricht.

Die Landschaft um mich herum verändert sich, doch die Perspektive bleibt stets dieselbe. Ich blicke zum Horizont der mir die Freiheit verspricht, die ich doch auf meiner Flucht längst genieße.  Aber Stillstand ist Rückschritt, weshalb ich stets in Bewegung bleibe und mich auf meinem Lauf, bei dem mich weder Ochs noch Esel aufhalten können, versuche an den Sternen zu orientieren um bloß nicht von meinem Kurs abzukommen. Doch wie uns schon Christoph Columbus lehrte liegen die größten Entdeckungen oft in völliger Orientierungslosigkeit und die sichersten Pläne kollidieren mit Eisbergen und sinken.

Folgerichtig beschließe ich am Tag weiterzuwandern und mich nach jeder Pause fünfmal um die eigene Achse zu drehen.

Torkelnd und mit einem latenten Brechreiz kämpfend betrete ich ein Dorf, welches am Rand des Meeres liegt und daher einen Wendepunkt meiner Reise markiert, was in diesem Sinne nicht im übertragenen Sinne zu verstehen ist. Ich musste umdrehen. Natürlich dachte ich daran hier länger zu verweilen, allerdings sollte sich die Konversation als ausgesprochen schwierig herausstellen, da mir meine rudimentären Sprachkenntnisse keine Türen zu öffnen vermochten.

War das Suchen nach den richtigen Dingen der falsche Ansatz gewesen, war das ziellos umherwandern noch nicht konsequent genug gewesen, muss man nicht vielleicht nach den falschen Dingen suchen um die richtigen Dinge zu finden. Aber ist es mir noch möglich die richtigen Dinge als die Richtigen zu erkennen, wenn ich doch nicht erwarte sie zu finden? Sieht Südamerika dann nicht auf einmal so aus wie Indien? Oder halte ich am Ende vielleicht sogar Indien für einen Eisberg und weiche ihm aus?

Renne ich am Ende so oft am Glück vorbei weil ich dachte ich müsste davor weglaufen um es zu finden, dass ich es am Ende wirklich schaffe wegzulaufen?

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