Open Your Eyes

In seinem Kopf legte sich ein Schalter um und versetzte ihn in einen aufnahmefähigen Zustand. Langsam blickte er durch seine schmerzerfüllten Augen, die sich durch das grelle, weiße Licht zu kleinen Schlitzen verformt hatten. Karussellartig flogen helle Farben und verschwommene Objekte an seinem Kopf vorbei. Sein Körper war stocksteif und still, doch trotzdem spürte er, dass er in Bewegung war. Um ihn herum waren Menschen und deren Stimmen zu hören, doch er war nicht in der Lage den Gesprächsverlauf zu verstehen.

Plötzlich gab es einen heftigen Ruck und er spürte, wie der Boden unter ihm auf einmal sekundenschnell wechselte. Ein männlicher Kopf mit Brille und Mundschutz beugte sich über ihn. Durch das Bewegen des Mundschutzes sah er, dass der Mann sprach, doch seine Worte waren irgendwo im hintersten Türchen seines Schädels und summten mit unverständlichen Tönen vor sich hin. Die noch funktionstüchtigen Gehirnzellen realisierten, dass er sich auf einem Operationstisch befand, umzingelt von Ärzten und deren Assistenten. Die Zeit begann still zu stehen. Alles um ihn herum verlangsamte sich, die Bewegungen der Ärzte und die Geräusche der Stimmen. Was geschah mit ihm?! Denk nach Kumpel – Was sind deine letzten Erinnerungen? Was war passiert? Was um alles in der Welt hat Dich in den jetzigen Zustand verfrachtet?

In seinem Kopf passten sich langsam viele verschiedene Puzzle-Teile aneinander und ergaben unscharfe Bilder. Da gab es diese Autofahrt mit seiner Freundin. Sie waren auf dem Weg … auf dem Weg zu einer Kunstausstellung. Zuvor erinnerte er sich an fliegende Teller, die mit einem gewaltigen Scheppern an der Wand in unzählige Scherben zersprangen. Es flogen Beleidigungen, Anschuldigungen, Entschuldigungen, … Selbst im Auto nahm der brodelnde Streit kein Ende. Mehrere Male schlug er vor Wut gegen sein Lenkrad. Er war voller Wut und Hass. Das neurotische und nervtötende Jammern und Winseln seiner Freundin hämmerte mit voller Wucht gegen seine Schläfen.

Was geschah dann? Er strengte sich krampfhaft an, die Zahnräder unter seiner Schädeldecke hatten Hochbetrieb. Der Wagen rollerte auf die Kreuzung zu und begann stehen zu bleiben. „Aber ich liebe dich doch“ waren ihre Worte. Ich blickte in ihr verheultes Gesicht, ehe sich hinter Ihr auf einmal in rasantem Tempo ein schwarzer Truck näherte. Ein kreischender Schrei, ein ohrenbetäubender Knall und – Stille –
Langsam blickte er durch seine schmerzerfüllten Augen, die sich durch das grelle, weiße Licht zu kleinen Schlitzen verformt hatten. Karussellartig flogen helle Farben und verschwommene Objekte an seinem Kopf vorbei. Sein Körper war stocksteif und still, doch trotzdem spürte er, dass er in Bewegung war. Um ihn herum waren Menschen und deren Stimmen zu hören, doch er war nicht in der Lage den Gesprächsverlauf zu verstehen.

Fast jeder Bewohner dieser Erde träumt von einem langen und gesunden Leben, doch es genügt ein Tag, eine Stunde, eine Minute, eine Sekunde der Unachtsamkeit und dein Leben wird sich um 180° verändern. Die Zeit tickt und tickt, sie wird immer weiter ticken und niemals stoppen. Es gibt keine Möglichkeit die Zeiger des kostbarsten Rohstoffes dieses Universums zurückzudrehen. Jeder neue Aufgang der Sonne ist ein Geschenk für Dich. Nutze jeden Tag aufs Neue, um den Menschen, die Dir etwas bedeuten, zu sagen, wie sehr du sie liebst oder gern hast. Denn jedes Mal, wenn du dies tust, könnte es das Letzte Mal gewesen sein.

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Buchstaben Kombinationen

Die Worte hallten in seinen Ohren, wie in einer Muschel nach. Immer und immer wieder hörte er die selben fünf Buchstabenkombinationen: “Du Arschloch, ich hasse dich!” Ein Satz wie ein Schnellzug. In einer unfassbaren Lautstärke und Energie aus dem Mund heraus geschossen, nur um danach eine Stille zu hinterlassen die intensiver nicht sein könnte. Er sah sie an. Nichts war mehr da. Weder Schmerz. Noch Trauer. Noch Verzweiflung. Selbst der Hass von dem sie gesprochen hatte existierte schon nicht mehr.

Alles was geblieben war, war ein Zustand der Egalität. Das Nichts der unendlichen Geschichte in Gefühlsform. Immer wieder atmete er ein, wollte etwas erwidern, etwas sagen, schreien, flüstern, kreischen, aber dann atmete er doch wieder nur geräuschvoll aus und sah ihr in die Augen. In dieser Stille waren Worte machtlos. Seine sonstige Waffe, schnell und findig, war von sich selbst geschlagen worden. Wie ein Rammbock waren ihre Wort durch seine Ohren in seinen Kopf vorgestoßen und hatten ihn Schachmatt gesetzt.

Er wusste von der Bewegung, bevor sie sie ausführen konnte. Wie in Zeitlupe nahm er die Drehung ihrer Beine, ihrer Hüfte und schließlich ihres ganzen Körpers wahr. Seine Gedanken kreisten um den einzigen festen Pfahl in diesem Tornado der Gefühle. Wenn sie jetzt geht, dann ist sie weg. Für immer. Unternimm was. Tu etwas. Sag etwas. Was? “Es tut mir leid!“ Sie blieb abrupt stehen. Drehte ihren Kopf noch einmal. Er sah eine einzelne Träne. “Das fällt dir jetzt ein?” Mit diesem Satz löste sich auch der letzte noch stehende Pfahl und riss ihn ins Bodenlose.

Alles was blieb war der eisige Luftzug und das Nachklingeln der Geräusche seinen eigenen Schnellzugs: “Ich verlasse dich!” Er hatte sie mit voller Wucht getroffen. Nicht sie ihn.

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Hey du, danke, dass du da bist!

Hey du, also ich weiß es ist etwas unfreundlich um diese Uhrzeit so reinzuplatzen, aber ich musste einfach mit dir reden. Seit längerem schon liegen mir diese Worte auf der Zunge und irgendwie habe ich jetzt das Gefühl, dass in diesem Moment der richtige Augenblick ist, dir zu sagen, was mir seit Tagen nicht mehr aus dem Kopf geht. So, here it goes:

Ich wollte eigentlich nur Danke sagen. Du glaubst mir nicht? War klar! Aber lass mich, mich erklären. Ich weiß, ich weiß… in letzter Zeit harmonieren wir erstaunlich gut und sind auch sonst mit unserer Beziehung soweit im Reinen, aber das war ja, bei Gott, nicht immer so. Die Zeiten die wir durchlebten waren oftmals Sturm gepeitscht und undurchsichtig. Zu oft standen wir Seite an Seite um die Probleme der Welt gemeinsam von uns abzuwenden nur um kurz danach wieder im unbändigen Hass aufeinander los zu gehen und darauf zu hoffen der Andere würde sich einfach verziehen. Für immer.

Haben wir beide nicht. Wie auch. Wie sind von einander abhängig. Immer. Tag für Tag. Monat für Monat. Jahr für Jahr. Wir sind wie Romeo und Julia. Sonne und Mond. George und Dick. Trotz der Streits, sei es wegen irgendwelchen Frauen die einer von uns beiden attraktiv fand, wegen unserer Eltern die wenn überhaupt nur mit mir geredet haben oder wegen meiner Freunde die sich oft genug über uns beide lustig gemacht haben, trotz all dieser Anschläge auf uns oder unsere Beziehung haben wir immer wieder zu einander gefunden.

Ich habe lange Zeit darüber nach gedacht dir das zu sagen. Ich hab Nächte lang meinen Schlaf damit vertan unsere Beziehung, unsere Abhängigkeit und unsere unerschütterliche Freundschaft, aber auch unseren Hass, unseren manchmal schon mit Todesdrohungen erfüllten Hass zu verstehen. Aber es half alles nichts, ich kam zu keinem logischen Schluss. Aber dann, eines Nachts vor ein paar Tagen wurde es mir klar. Früher dachte ich wahre Liebe wäre eine Erfindung der Industrie um Schokolade zu verkaufen. Heute kenne ich die Wahrheit. Dich! Dich in deiner ganzen Größe.

Danke das es dich gibt Herz.

Dein Verstand.

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Das Schließen der Tür

Durch den Spalt der sich gerade schließenden Tür konnte er noch das Tropfen ihrer Tränen auf dem kalten Steinboden im Flur hören. Sie war vor ihm Zusammengebrochen. Obwohl er es wollte, hatte er sie nicht festhalten können. Selbst als sie unter Tränen zu ihm aufgeblickt hatte und ihn gebeten, nein angefleht hatte nicht zu gehen, selbst da hatte er sich nicht überwinden können zu bleiben. Das kurz aufgeflackerte Mitleid war von dem unbändigen Hass ihr gegenüber sofort wieder verdrängt worden. Er wusste das er ihr nie würde vergeben können.

Vor mehr als sechs Jahren hatten sie sich kennen gelernt. Es war Liebe auf den ersten Blick. Sie war sein Leben gewesen. Er hätte alles für sie getan. Die Überstunden in der Firma hatte er nur für sie auf sich genommen. Sie hatte ihn nie dazu gezwungen, er hatte es freiwillig gemacht. Für sie. Für sich. Für beide. Für ihre Zukunft. Für ihre Beziehung. Er wusste das er seine Traumfrau gefunden hatte, sie scheinbar nicht. Entweder hatte sie es nie verstanden was sie ihm bedeutet hatte oder es war ihr egal gewesen. Sie hatte die Beziehung zerstört. Ihn zerstört, sein Vertrauen, seine Welt und alles was ihm Halt gegeben hatte.

Wie so oft hatte sie nur an sich gedacht. Nicht an ihn. Nicht an die Beziehung. Überhaupt hatte sie wieder nur ihr Ego im Kopf gehabt. Immer wieder diese Egotrips von ihr. Das hatte ihn immer aufgeregt, aber seine Liebe für sie war zu groß gewesen als das er es ihr hätte sagen können. Es war ihm auch egal gewesen. Aber dieses mal war sie zuweit gegangen, sie hatte seinen Stolz mit Füßen getreten. Er hörte sie schreien durch die schluchzenden Atemversuche. Sie machte ihn Wahnsinnig. Obwohl er sie hasste, wollte er sie trösten. Seine Liebe und sein Hass rissen ihn innerlich auseinander. Er musste hier weg bevor er sich selbst betrog.

Von einer Sekunde auf die andere hörte das Schluchzen, das Schreien, die Verzweiflung über den Fehler den sie begangen hatte auf. Die Tür war zugeschalgen. Mit der Tür schloß sich auch die Truhe mit den Errinerungen an sie. Langsam, aber sie begann sich zu schließen. Während er sich die Kopfhörer in die Ohren steckte und die Musik auf seinem Handy anmachte, dachte er über die Zukunft nach. Er wusste das er lange brauchen würde, Monate wenn nicht Jahre, bevor er wieder jemandem so Vertrauen könnte. Sie hatte viel von ihm zerstört. Sie hatte ihn gezeichnet. Für immer. Aber der Schritt in die Sonne dieses lauwarmen Sommertages ließ ihn positiv in die Zukunft blicken.

Die vom Schmerz verzehrten hysterischen Schreie bekam er nicht mehr mit. Er hatte ihre Gegend schon lange verlassen. Sie daraufhin die Welt. 

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