Der Spiegel

Der Blick führt in die Tiefe der Ungewissheit. Schmale nichts sagende Kanten verzieren eine fremde Landschaft. Eine Landschaft aus dichten Gräsern und steinigen Gebirgen. Ein erhellender Strahl aus Licht verirrt sich nur selten in jene Gebiete, welche von tiefer Trostlosigkeit bedeckt sind. Der schimmernde Glanz der Seen ist vollkommen erloschen. Ausgestorben und leer wird kein Ebenbild reflektiert. Es scheint, als würde Dunkelheit das ewige Leben zu Stein gemeißelt haben. Selbst ein Wimpernschlag besitzt weder die Kraft noch die Stärke, jenes schwarze Bild zu erhellen.

Wer bin ich? Ich bekomme keine Antwort. Tiefe Spalten lassen die Erde entreißen. Dichter Rauch legt sich über die Bergspitzen. Feurige Lava durchfließt den Erdkern und lässt den Boden erbeben. Die Flüsse werden unruhig, das Wasser steigt bedrohlich. Ein Sturm kommt auf – Lässt dichte Wälder entwurzeln und Fenster zu Glassplitter zerbersten. Die Gewalt der Natur hinterlässt ihre Spuren. Blutgetränkt liegen die Scherben am Grund. Eine gewaltige Zerstörung wohin das Auge nur blicken kann. Was mache ich hier? Noch immer bekomme ich keine Antwort.

Einzig und allein das helle Mondlicht zeichnet den Umriss der Landschaft. Die brennende Lava ist in den weiten Tiefen der Erde verschwunden. Der schwere Rauch zieht über die kantigen Berge, die Glut formt sich zu grauer Asche. Bitte hilf mir. Ich warte auf eine Antwort. Sekunden verstreichen. Minuten verstreichen. Es wird still. Tiefe Dunkelheit umgibt die Landschaft. Die Kraft des Windes schwindet dahin. Der Strom der Flüsse gibt nach und kommt letztlich zum Stillstand. Der Schleier der Finsternis fällt. Möge ich in Frieden ruhen.

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Am Ende war es still…

Wie jeden Morgen sitzt er einsam und verlassen an seinem Schreibtisch, genießt das fröhliche und wohltuende Zwitschern der Vögel, trinkt seinen milchigen Kaffee, bevor er sich Blatt und Stift nimmt und zu schreiben beginnt. Anfangs schrieb und schrieb er ohne auch nur einmal daran zu denken den Stift kurzzeitig beiseite zu legen. Es waren pulsierende Ströme, die blitzschnell von seinem Herzen durch Venen und Hand in seine schriftlichen Bewegungen flossen. Er konnte Seite für Seite vollschreiben, denn seinem Reichtum an Gefühlen war keinen Grenzen gesetzt.

Wenn sie wie jeden Morgen in ihrer Küche sitzt und sich einen beruhigenden Tee kocht, dann denkt sie über ihr Leben und vergangene Momente nach. Dabei fällt es ihr schwer sich an die positiven und glücklichen, längst verdrängten Gefühle zu erinnern. Eine kalte und sich sträubende Leere wandert durch ihren Körper und durch ihr Herz, welches sie vor langer Zeit verschlossen hatte und seitdem niemand mehr darin einen Platz gefunden hat. Es waren die Briefe, …

… die er schreib, welche ihm jeden Tag aufs neue Hoffnung gaben. Seit dem damaligen Tag vor vielen Monaten gab es keinen Tag, an dem der Postkasten seiner Herzdame leer war. Anfangs war er kreativ und leidenschaftlich, zog alle Kräfte aus seinem Herzen, schrieb die schönsten und romantischsten Texte und Gedichte und gab nie die Hoffnung auf, dass sie sich eines Tages wieder bei ihm melden würde. Doch all die ignorierten Briefe machten ihn schwach im Herzen. Mittlerweile fällt es ihm schwer ganze drei Sätze niederzuschreiben. Es waren die Briefe, …

… die Tag für Tag unversehrt und unbeantwortet in ihren Kamin flogen und zu Asche zerfielen. Anfangs las sie jeden einzelnen. Dabei prallten seine Liebesbotschaften wie harte Steine an ihrer Haut ab. Nichts davon wollte sie wissen. Kälte beherscht sie. Kälte und die Verdängung von Gefühlen und Emotionen. Der Wandspiegel kann mittlerweile ihr aufgesetztes Lächeln nicht mehr sehen. Jedem ihrer Freunde erzählte sie wie glücklich sie doch sei und wie schön das Leben ist. Doch am heutigen Tag, …

… ist er kraftlos. Sein gebrochenes Herz hängt wie ein schwerer Fels in seiner Brust. Der Stift kratzt über das Pergament und nach ungefähr einer Viertelstunde legt er ihn zur Seite. Wie jeden Tag greift er in seine Schublade, zieht einen leeren Umschlag hinaus und adressiert diesen mit der Anschrift seiner Liebsten. Doch dieses Mal landet die Botschaft nicht im Postkasten. Er klebt den Umschlag zu und steckt ihn sich in seine Brusttasche. Als dann wie jeden Morgen …

… der Postmann klingelt und ihr die heutige Post überreicht sucht sie verbittert zwischen all den Prospekten und Rechnungen seinen täglichen Brief. Er war nicht da. Die Fesseln ihres Herzens zersprangen mit einem lauten Knall, glühend heiße Hitze strömte durch ihren Körper und pumpte durch ihre geweiteten Adern. Ein weiterer Knall und die Teetasse zerspringt am Boden vor ihren Füßen. Die Fesseln waren gesprengt. Sie spürte zum ersten Mal wieder Gefühle, Tränen schossen in ihre Augen und die Lippen wurden staubtrocken. Sie spürte, dass etwas nicht in Ordnung sei und machte sich zum ersten Mal Sorgen.

Doch zu dem Zeitpunkt war es bereits zu spät.

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Guten Morgen, Braunschweig!

Als sich die schwere Eingangstür mit den letzten herausströmenden Beats öffnet, blenden mich die ersten hellen Sonnenstrahlen des neu angebrochenen Tages. Glänzend weißes Licht gleitet durch meine Finger und lässt meine Augen zu Schlitzen formen. Mein Kopf dröhnt, meine Beine gleichen einer übergroßen Weingummischlange. Das Hemd wird zugeknöpft, der Nikotinrauch aus dem Sakko geklopft und mit hektischen Bewegungen aus dem übrig gebliebendem Haarwachs eine halbwegs gutaussehende Frisur gezwirbelt. Ein Blick nach rechts und ein Blick nach links – Vertautes Terrain.

Ab geht’s die Straße entlang – Vorbei an tüchtigen Flaschensammlern und kotzenden Jugendlichen, vorbei an flackernden Blaulichtern, aufgemotzten Spinnerkarren und streitenden Paaren, die sich gegenseitig mit Schimpfwörtern vollgestopfte Duden an den Kopf schmeißen. Im ZickZack laufe ich zwischen den leeren Glasflaschen und den Flecken nicht identifizierbarer Substanzen entlang. Meine Augen brennen, meine Gehirnzellen feiern, jedoch ohne mich überhaupt eingeladen zu haben. Ein besoffener Clown bietet mir einen Schluck aus seinem Tankstellen-Tetrapackwein an – Ich lehne dankend ab, denn der warme und göttlich duftende Dönerbudengeruch betäubt meine Sinne. Mich zieht es samt Socken aus den Schuhen und ich schwebe wie ein Vogel direkt auf den überdimensionalen Dönerspieß zu. Der Freund am anderen Ende der Theke klatscht nach meinen Wünschen das gesamte Brot voll. Ein prächtiger Speichelfluss lässt sich in aller letzter Sekunde verhindern. Ich zahle 50 Cent zu viel und begründe mit den Worten „weil heute dein Glückstag ist!“. Beim Verlassen des Tempels meiner morgendlichen Retter hinterlasse ich wie einst Hänsel und Gretel eine wegweisende Spur aus Zwiebeln und Kraut. 2 Minuten Inhalieren und mein Gesicht gleicht einem Saustall.

„Schüss, schön’amd noch!“ (Achtung Insider!) hallt es durch meine Ohrmuschel, als ich mit einem Klingeln den Kiosk meines Vertrauens verlasse. Mittlerweile ist es taghell und die ersten arbeitskräftigen Muggel setzen sich in Bewegung. Sonntags! Trottel! .. Ein Schluck aus der Bierflasche – Scheiße, es schmeckt immer noch wie das erste Bier des Abends – Tierisch gut! Erst meine Beine, dann folgt im Gleichschritt mein Oberkörper. Wie der Anführer der Dorftrottel latschen meine Füße Richtung Heimat, dicht gefolgt von einem Schweif einer Geruchsmischung aus Schweiß, Alkohol und kaltem Rauch. Das Display meines Handies feiert eine fette Rauschparty, bekannte Buchstaben verformen sich zu antiken Hyroglyphen. Verpasste Anrufe lassen sich nicht mehr identifizieren, die aktuelle Uhrzeit schon gar nicht. Kurz nach vorne geschaut – Falsch abgebogen – Wo bin ich? Es dauert eine Ewigkeit, bis ich den gelb gepflasterten Pfad nach Oz finde.

Nachdem nun mein gesamter Schlüsselbund im Schloss steckte und ich es mir allmählich auf meiner Fußmatte bequem machen wollte, springt beim allerletzten Versuch die Tür endlich auf. Wie schon in der Dönerbude pflastere ich mit meinen Klamotten einen Weg durch den Flur ins Schlafzimmer, wo ich mich mit einem durchaus sehenswerten Bauchklatscher ins Land der Träume begebe.

Der nächste Tag beginnt – Morgens um 14.30 Uhr. Schmerzen. Ich sterbe. Schmerzen. Mein Oberkörper kommt nicht hoch. Leiden. Schmerzen… Die Bettdecke hängt über meinem Nachttisch, Kissen liegen verstreut im Zimmer herum. Ich folge dem mir unbekannten Weg aus Klamotten ins Badezimmer. Spieglein, Spieglein an der Wand – Man siehst du scheiße aus! Ein Blick in die Küche – Chaos. Das Klirren mehrerer leerer Bierflaschen lässt meinen Schädel fast zum Platzen bringen. Die Zahnräder meines Hirns rotieren wie verrückt, als ich versuche die umherliegenden Puzzleteile zu einem halbwegs sinnvollen Bild zusammenzustecken – Keine Chance. Dreizehn verpasste Anrufe und sechs unbeantwortete SMS, dazu eine Eigennotiz, dessen Sinn ich bis heute suche. Und dann kommt der berühmte Spruch, den wir uns selber schon so oft sagen hören haben: „Scheiße man! Ich trinke keinen Alkohol mehr …“

„ … bis nächsten Freitag.“

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[Interview] „The Disco Boys“ – Back in Braunschweig!

Ehrlich gesagt musste ich mir mehrfach die Augen reiben, als ich auf der Internetseite von „Szenebilder“ diese frohe Botschaft las. Mein kleines House-Herz sprang sofort im ZickZack, die ersten Tracks ballerten durch meine Venen direkt in meinen Kopf und ließen meine Gehirnzellen tanzen. Es ist soweit – Lange habe ich auf diesen Tag gewartet. Wer mich gut genug kennt, der weiß von meiner großen Begeisterung an der Housemusik. Und wer mich noch einen Tick besser kennt, der weiß auch, wer zu meinen favorisierenden DJ’s gehört.

Ladies and Gentlemen! Es ist soweit! Das DJ–DreamTeam Raphael und Gordon kommen zurück – Die Disco Boys sind zurück in Braunschweig!

Mit eigenen Hits wie „For You“, „Born To Be Alive“ oder “Love Tonight” bringen die beiden Hamburger die Clubs und die Musikcharts auf dem gesamten Globus zum Kochen. Ihre alljährliche MIX-CD gehört zu den populärsten deutschen Dance-Compilations und ist ein Muss für jeden House-Fan. Neben ihren unzähligen Clubauftritten drehten die beiden Hamburger ihre Schallplatten schon auf dem Deutschen Filmpreis, auf der Loveparade, der Nature One und vielen anderen Großveranstaltungen. In den letzten Jahren sorgten die Disco Boys, dessen Markenzeichen übrigens schrille Outfits im Partnerlook sind, unter anderem im braunschweiger Schwanensee oder im 42° Fieber für unvergessliche Partyerlebnisse. Am kommenden Samstag den 25. Juni 2011 gastieren sie nun in Braunschweig auf dem BTHC-Sportplatz der Sparkassen Open und werden mit ihren heißen Beats für einen phänomenalen Live-Act und eine garantiert bombastische Partynacht sorgen. Möge der Bürgerpark aus allen Nähten platzen!

Vorab waren die Jungs so freundlich für Roadeo ein paar Fragen zu beantworten.

Kev: Endlich seid ihr wieder zu Gast in der Löwenstadt. Euer letzter Auftritt im braunschweiger Nachtleben ist schon ein Weilchen her. Welche Eindrücke konntet ihr bereits von Braunschweig und dem Nachtleben dieser Stadt sammeln?

Gordon: In Braunschweig haben wir vor ein paar Jahren regelmäßig im Schwan gespielt. Das war stets sehr familiär, eng und heiß – so wie gute Parties sein sollen. Ein Freund von mir betreibt das Restaurant Zum Schwarzen Ritter – köstlich!

Kev: Ihr reist quer über den Globus und macht die Menschen mit euren Tracks und DJ-Künsten glücklich. Bleibt da überhaupt ein wenig Zeit für Familie und Hobbies übrig? Wie bekommt ihr das alles auf den Schirm?

Raphael: Wir sind ja in der glücklichen Lage, unser Hobby zum Beruf gemacht zu haben. Weswegen ich seit längerem schon auf der Suche nach einem neuen Hobby bin. Das soziale Umfeld – also Freunde und Familie – leiden natürlich bei diesem Leben, in dem man sein Geld hauptsächlich an den Wochenenden verdient, wenn andere Leute Freizeit haben.

Kev: Wann dürfen wir mit der nächsten Mix-CD bzw. mit einem nächsten Track von Euch rechnen?

Gordon: Die nächste Single ist fertig, sie heißt „Hold The Line“, war bereits auf der Volume 11 zu hören und erscheint in Kürze mit fetten Remixen unter anderem von Jean Elan und Dohr & Mangold. Die nächste Mix CD ist für den Herbst anvisiert. Als nächstes kommen Remixe von uns für TV Rock und Roger Sanchez.

Kev: Abschließend meine letzte Frage: Was sind eure Zukunftspläne bzw. wo sehen wir euch in den nächsten Monaten/Jahren?

Raphael: Von uns aus kann das ganze Spektakel gerne noch ein paar Jahre weitergehen. Den Grundstein dafür haben wir mit dem Wechsel unserer Plattenfirma von Superstar zu WePlay gerade gelegt.

Vielen Dank an Raphael und Gordon für die Beantwortung meiner Fragen. Das Team von Roadeo wünscht Ihnen viel Erfolg, alles Gute für die Zukunft und natürlich auch eine Menge Spaß am kommenden Samstag!

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Sekunden einer Ewigkeit

Ich sitze auf dem Boden. Keine 3 Jahre alt – Bin nicht gut im Schätzen. Meine Augen funkeln wie übergroße Smaragde, als ich die rote Schleife meines Geschenks löse und mich ein gebrauchter, alter Teddy anstarrt. Trotz des fehlenden Auges und der am Rücken aufgeplatzten Nähte war er das schönste Geschenk von allen. Meine Mutter weint vor Glück, mein Vater begutachtet den leeren Boden seiner Schnapsflasche. Die Tür geht auf und da steht Sie – Meine Jugendliebe. Ihr rötliches Haar ist zu einem langen Zopf gebunden, ihre Sommersprossen tanzen im Schein der Sonne und ihr Lächeln lässt mich nur so dahin schmelzen. Ich nehme ihre Hand, gehe mit ihr gemeinsam durch die Tür und stehe in der Küche. Mein Vater sitzt am Tisch, das Gesicht in den Händen vergraben, meine Mutter liegt auf dem Fußboden. Ihre Haut ist so weiß wie die Fliesen, auf denen sie sich befindet.

Der Lärm von Kirchenglocken lässt fast meinen Schädel zum Platzen bringen. Die Schmerzen in meinem Kopf lassen mich taumeln. Rückwärts falle ich durch den Flur und lande auf einem Stuhl. Meine Lehrerin beugt sich zu mir runter. Ihr großer Leberfleck neben der Nase wird größer und größer. Sie blickt mich hinter ihrer schmalen Brille an. Meine Wange brennt wie Feuer, die anderen Kinder lachen über meinen roten Händeabdruck in meinem Gesicht. Mir kommen die Tränen und ich stürze durch die Klassenzimmertür direkt ins Haus meiner Eltern. Der Gürtel meines Vaters schellt in der Stille der Nacht. In meiner Haut bilden sich tiefe, blutige Risse – Die Schmerzen sind unerträglich. Doch ich kann entkommen, fliehe durch seine Beine und sehe meine Freunde, die mir freudestrahlend zuwinken. Ich laufe direkt in ihre Arme, sie jubeln, trinken, feiern und ich schließe mich Ihnen an.

Ich weiß nicht wie, aber plötzlich stehe ich sturzbetrunken vor meinem Studentenzimmer. Ich öffne die Tür – Und da steht Sie. Meine Jugendliebe. Ihr rötliches Haar hat nun ein paar kleine Locken. Sie sieht in ihrem weißen Kleid wie ein wunderschöner Schneeengel aus. „Ja ich will!“ sagt sie mit lauter Stimme – Wir küssen uns und ich schließe die Augen. Das Kreischen eines Säuglings hallt durch den Raum und ich öffne sie wieder. Dieses kleine, zarte Wesen liegt in meinen Armen und nuckelt an meinem Daumen. Mir kommen die Tränen. Es ist der schönste Tag meines Lebens.

Ich lasse Frau und Kind zurück, gehe durch die Tür in mein Büro. Mein Chef spuckt Feuer und Galle, haut mehrmals mit seinen Fäusten auf meinen Schreibtisch, sodass Bilder und Aktenordner wackeln. Die Kündigung fliegt folgend durch den Briefkastenspalt meines Hauses direkt in meine Arme. Ich setze die Flasche an, der brennende Alkohol betäubt meine inneren Organe.

Ich sitze auf dem Sofa, meine Frau brüllt mir etwas an den Kopf, meine Tochter steht zitternd dahinter und weint. Ihr sonst so schön glänzendes rötliches Haar ist zerzaust und klebt an ihren Wangen, ihr rechtes Auge ist blau, ihre Nase blutrot. Das Quietschen der Reifen hört man auch noch in der Ferne.

Stille. Grelles weißes Licht. Der Film ist vorbei, das letzte Kapitel ist zu Ende. Sein Kopf rast mit einem donnernden Knall in den Nacken, ehe er mit einem dumpfen Geräusch auf dem Tisch aufschlägt. Raucht steigt aus der Mundhöhle empor, das Holz färbt sich rot, der Revolver gleitet aus seinen Fingern.

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Leselektüre mal anders…

Hummel. Gras. Wolken. Hummel. Zeitung. Blume. Hummel. Stock. Decke. Hummel … Nein meine lieben Freunde. Ich bin nicht geisteskrank geworden oder auf dem besten Wege dorthin. An diesem heutigen schönen Nachmittag nach Feierabend habe ich mir ein schattiges Plätzchen samt Decke und Buch im Park gesucht. Solange mir die Pollen noch keine geschwollenen Augen und zweiminütigen Dauernieser verschaffen, muss man diese Zeit einfach nutzen. Eine wirklich tolle Atmosphäre – Bis auf die Hummeln, welche sich wie tonnenschwere Kampfhubschrauber um meine Decke jagen – Für unsere Freunde der grenzenlosen Vorstellungskraft: Die Decke ist übrigens rot.

Eigentlich war mein Tagesziel ein paar Seiten in meinem Buch zu lesen, denn dazu bin ich die letzten Wochen einfach nicht gekommen. Nun gut, ich war ja auch in Amerika, hatte Lernstress und war sonst entweder von Faulheit oder Gerstensaft besessen. Aber ausgerechnet heute wollte meine Aufmerksamkeit einfach nicht den zahlreichen Wörten und Buchstaben vor meiner Nase gehören. Viel mehr interessierten mich die Menschen um mich herum, die man ansonsten entweder gar nicht oder wenn nur für einen winzigen Augenblick wahrnimmt.

Durch ein bisschen Theorie aus eigener Interesse konnte ich schon eine Menge über Körpersprache, Gestik, Mimik und dem allgemeinen Verhalten von Menschen lernen. Es ist erstaunlich, wie man durch einige simple Tricks Menschen um einem herum wie Bücher lesen kann. Nicht weit von mir entfernt sitzt eine junge Dame mit einem lässigen Typen auf der Parkbank. Beide unterhalten sich. Durch eine größere Lücke zwischen den beteiligten Personen erkennt man, dass sich beide noch nicht näher gekommen sind, jedoch ist die Körperhaltung der Frau bzw. ihre übereinander geschlagenen Beine in seine Richtung gerichtet. Das Spielen und Durchkämmen an den eigene Haaren zeigt, dass sie besonders an ihm interessiert ist, jedoch zu nervös um den ersten Schritt zu gehen. Der männliche Part hat ebenfalls seine Beine überschlagen und zupft wie ein Irrer an seinen Schnürsenkeln herum, während sein Blick starr zu Boden geht – Sind wir etwa nervös? Wovor hast du Angst!? Schnapp sie Dir!!

Links neben mir hat sich vor einer knappen Viertelstunde ein kleines Grüppchen Jugendlicher hingepflanzt. Alle fünf trinken Pussybrause aus einer Bierflasche und erzählen sich irgendwelche stumpfen Witze. Höhö ich liebe stumpfe Witze! Apropro: Was ist braun, knusprig und hüpft durch den Wald? – Brotkäppchen! 😀 Okay, back to Topic! Ein Mädel mit kurzen schwarzen Haare zieht genüsslich an ihrer Zigarette, während sie ihr Sitzpartner dabei ständig wie ein Geier auf Beutezug beobachtet. Verliebt? Wohl eher in den Genuss ihrer wohltuenden Züge am Glimmstängel, denn sonst würde der krankhaft beobachtende Ex-Raucher nicht ständig einen dünnen Zweig durch seine Finger gleiten lassen und ab und zu daran rumkauen wie ein hilfloses panisches Äffchen. Zu dem nächsten Gruppenmitglied, der sich mit den Fingern durch die Zehlücken fährt und kurze Zeit später unbemerkt daran riecht, möchte ich jetzt nicht unbedingt ein Wort verlieren.

Es macht eine Menge Spaß, Menschen anhand von äußeren Erscheinungen versuchen zu deuten. Oftmals nimmt man diverse Handlungen des Gegenübers gar nicht richtig wahr und übersieht dabei aufschlüsselnde und richtungsweisende Merkmale und Signale. Weswegen verschrenkt mein Kumpel auf einmal die Arme, während ich vom Ausstieg aus der Atomkraft erzähle? Warum reibt sich mein Kollege bei einem Vortrag vor gesammelter Mannschaft ständig die Nase?? Warum zum Teufel kaut mein Date ständig auf dessen Lippen herum??? Es ist faszinierend! 🙂

Aus dem Augenwinkel heraus bemerke ich, wie die junge Lady ihren zarten Burschen regelrecht verschlingt, während links von mir plötzlich zweimal eine kleine Rauchwolke in die Luft steigt. Ich lege mich auf den Rücken, als plötzlich eine fette Hummel auf meinem Bauch landet. Wir blicken uns tief in die Augen, doch ich hab kein Plan, was sie von mir will!

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